Arbeitssüchtiger Spezialist oder intelligenter Familienhund? Der Border Collie gehört zu den Hunden, die aktuell in den Medien eine große Präsenz genießen. Egal ob in der Werbung, im Film oder in Talentshows: Die gelehrigen Hütehunde bestechen nicht nur durch ihr tolles Aussehen, sondern auch durch ihre überdurchschnittliche Intelligenz, durch die sie auch schwierige Kunststücke spielend leicht erlernen. Mit wachsender Beliebtheit häufen sich aber auch negative Berichte über die Rasse: Sie seien hyperaktiv, nervig, neigten zum Beißen und müssten den ganzen Tag beschäftigt werden, heißt es immer wieder.
Kurze Rassengeschichte
Der Border Collie stammt aus dem Grenzland zwischen Schottland und England, der „Border Line“. Hier wurden über Jahrhunderte hinweg selbstständig arbeitende und dennoch leicht führbare, mittelgroße Hunde für die Arbeit mit Schafherden gezüchtet. Dabei ging es den Schäfern verständlicherweise nicht um die Optik der Hunde, sondern in erster Linie um deren Charakter und um ihre Arbeitsweise. Und so dauerte es lange, bis sich aus den unterschiedlichen Hunden ein Rassenbild herauskristallisierte. Der Name Border Collie selbst, taucht 1910 erstmals auf – damit handelt es sich um die jüngste britische Hütehunderasse.
Während andere Hütehunderassen, wie der Bobtail oder der schottische Collie schon früh als Modehunde entdeckt wurden, blieb der Border Collie lange Zeit in seiner ursprünglichen Arbeitslinie erhalten. Entsprechend stark ist auch bei heutigen Border Collies noch der Hütetrieb vorhanden, sowie ein teils extremer Arbeitseifer, so dass sich diese Rasse nur bedingt zur Haltung als Familienhund eignet.
Das Erscheinungsbild des Border Collies
Nachdem lange hauptsächlich auf den Charakter gezüchtet wurde, tritt mittlerweile zunehmend auch die Optik des Border Collies in den Vordergrund. Laut Zuchtkriterien sollte er mittelgroß sein (45-55cm Schulterhöhe), halblanges bis langes Fell haben, bei dem der Weißanteil niemals überwiegt. Der Körperbau ist harmonisch, die Bewegungen fließend und elegant. Während anfänglich lediglich schwarz-weiße Hunde und der Farbschlag Tricolor (also schwarz-weiß mit braunen Abzeichen) zur Zucht zugelassen waren, sind mittlerweile viele unterschiedliche Farbvarianten möglich. Es bleibt zu hoffen, dass den Bestreben ein bestimmtes optisches Bild zu schaffen, nicht der typische Charakter des Border Collies zum Opfer fällt.
Was beim Border Collie sofort auffällt und ihn auf den ersten Blick von anderen Rassen, wie zum Beispiel dem ansonsten optisch sehr ähnlichen Australien Shepherd unterscheidet, ist die angeborene Hütehaltung: Geduckt, den Kopf tief, den Schwanz gesenkt und die Augen unbeirrbar auf das Hüteobjekt gerichtet, ist ein hütender Border Collie ein faszinierender Anblick. Dieses starre Fixieren ist bei Hunden normalerweise ein Zeichen von Aggression, beim Border Collie wurde „The Eye“ aber so gezüchtet, dass er seine Blicke gezielt einsetzt, um die Schafherde in Bewegung zu setzen und zu kontrollieren, ohne wie andere Hütehundrassen direkt an das Vieh gehen zu müssen und eventuell Verletzungen an den Tieren zu verursachen.
Der Charakter des Border Collies
Viel wichtiger als seine Optik war bei dem Border Collie stets sein Charakter. Zuchtziele waren dabei immer ein ausgesprochener „will to please“, also der Wunsch, seinem Halter zu Gefallen, sowie Selbstständigkeit, ungebremsten Arbeitseifer, Intelligenz, Beharrlichkeit und absolute Gutartigkeit gegenüber Menschen (beißende Hütehunde wurden früher sofort vom Schäfer ausgesondert und getötet, um Verluste beim Vieh zu vermeiden).
Jeder Hund ist nur so perfekt wie sein Halter
Die Charaktereigenschaften des Border Collies machen ihn auf den ersten Blick zum perfekten Hund: Wer will keinen Vierbeiner, der hochintelligent ist, gleichzeitig aber stets bemüht, allen Befehlen nachzukommen? Ganz so einfach ist es aber leider nicht, denn letztlich ist jeder Hund nur so perfekt, wie sein Halter. Bekommt der Border Collie eine angemessene Aufgabe (das kann Hütearbeit, aber auch eine andere Beschäftigung sein) und eine souveräne Führung, zeigt er sich als ausgeglichener Hund, der verschmust, kinderlieb, treu, willig und ergeben tatsächlich nahe am perfekten Hund ist.
Fehlen ihm allerdings Aufgabe und/oder souveräne Führung zeigt sich der Border Collie von seiner schlechtesten Seite: Er wird hibbelig, teils auch aggressiv. Oft sucht er sich dann selbst eine Aufgabe: Das kann sein, dass er Ihre Wohnung „umgestaltet“ (die Kreativität dieser Hunde macht ihre Zerstörungswut oft besonders eindrucksvoll), vielleicht beginnt er auch Kinder, Katzen, Autos oder ähnliches zu „hüten“, vielleicht verstümmelt er sich auch selbst – der Kreativität sind auch im negativen Sinne keine Grenzen gesetzt.
Dabei kann ein Zuviel an Beschäftigung die selben negative Auswirkungen haben, wie ein Zuwenig, denn Border Collies haben keinen angeborenen „Aus-Schalter“: Sie sind darauf gezüchtet, ohne Ermüdung bis hin zu völligen Erschöpfung zu arbeiten. Früher war der Ausgleich zur Arbeit die Zeit, in der die Schafe im Stall waren – in der heutigen Zeit muss der Halter verantwortungsbewusst Ruhezeiten einführen und für deren Einhaltung sorgen, weil sonst ein völlig überreizter Border Collie droht.
Die Intelligenz des Border Collies ist Fluch und Segen zugleich: Sie befähigt ihn zum angenehmsten Begleiter, macht aber auch absolute Konsequenz in der Erziehung notwendig – denn sonst geschieht es schnell, dass ein Border Collie seinen Besitzer um den Finger gewickelt hat, bevor dieser sich dessen überhaupt bewusst ist.
Wie keine andern Hunderasse, fordert der Border Collie Beschäftigung, Konsequenz und Hundegespür ein. Bereits bei der Welpenauswahl sollte der Hund gemäß seiner Eignung ausgewählt werden (Arbeitshund mit starkem Hütetrieb oder eher schwach ausgeprägter Trieb und Eignung als Familienhund) und die eigene Bereitschaft, Zeit und Geduld in die Erziehung des Border Collies zu investieren, geprüft werden. Dann steht der verantwortungsbewussten Haltung eines Border Collies eigentlich nichts mehr im Wege.
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